Setzt euch ans Feuer, Freunde! Heute Abend habe ich ganz besondere Gäste am Tresen meiner Taverne zu Gast: Dominik und Dennis vom deutschen Indie-Studio GaHa Games. Die beiden haben mit „Later“ ein faszinierendes, handgezeichnetes Spiel über das Aufschieben geschaffen, das mich sofort in seinen Bann gezogen hat.

Ich war neugierig: Wie kommt man von experimentellen Projekten zum ersten kommerziellen Spiel? Was steckt hinter diesem einzigartigen Schwarz-Weiß-Stil? Und wie übersetzt man ein Gefühl wie Prokrastination in ein Spiel?
Schnappt euch ein Getränk, denn die beiden (und ein Überraschungsgast!) haben mir einen tiefen und unglaublich ehrlichen Einblick hinter die Kulissen der Indie-Entwicklung gegeben. Lauscht unserem Gespräch!
Ihr habt ja eine kreative Vergangenheit mit experimentellen Game-Jam-Projekten. Was war der besondere Funke oder der entscheidende Moment bei Later, der euch sagen ließ: „Okay, das ist es. Das ist nicht nur ein weiteres Jam-Projekt, das ist unser erstes kommerzielles Spiel, für das wir eine Firma gründen?

Dennis

Dominik
Dass wir eine Firma gründen und Spiele machen wollen, war uns tatsächlich schon klar, bevor wir die Idee zu Later hatten. Unsere ursprüngliche Spielidee war eine ganz andere: Wir wollten auf den Roguelike Hype Train aufsteigen und einen Mix aus Vampire Survivors und Tower Defense bauen, mit einem Twist: Wir laufen nicht herum, sondern steuern einen Traktor. Nach 2 Monaten des Prototypisierens dämmerte es uns allerdings langsam, dass es für unser erstes Projekt zu groß gedacht und nicht in überschaubarer Zeit fertigzustellen war.
Dann kam uns die Idee zu Later, die uns direkt sympathisch war und mit der wir dann auch direkt Förderung beim Medienboard Berlin beantragt haben. Die Förderzusage war dann der finale Startschuss für das Projekt.
Dominik, der einzigartige, handgezeichnete Stil von Later ist das Erste, was ins Auge sticht und eine unglaublich dichte, melancholische Atmosphäre schafft. Kannst du uns ein wenig mit hinter die Kulissen nehmen? Wie habt ihr diesen besonderen Look entwickelt und was war die Inspiration dahinter, die Geschichte in Schwarz-Weiß zu erzählen?


Der Stil von Later sollte eine gewisse Hoffnungslosigkeit einfangen, damit selbst in witzigen Passagen, in denen das kleine Wesen Schabernack treibt, immer eine gewisse Melancholie mitschwingt. Daher habe ich mich an düsteren Schwarz-weiß Comics orientiert, die dieses Gefühl für mich sehr gut einfangen. Auf meiner Suche nach Referenzbildern bin ich unter anderem auf den französischen Comiczeichner Jano und seine Figur “Kebra die Ratte” gestoßen, dessen düsterer Stil eine große Inspiration für Later wurde.
Der Sound untermalt diese Stimmung perfekt. Wer hat das Spiel vertont und wie geht man an das Sounddesign für ein so introspektives und surreales Spiel über Prokrastination heran? Gab es ein bestimmtes Geräusch oder vielleicht ein Musikstück, das für dich den emotionalen Kern des Spiels eingefangen hat?
Vertont wurde das Spiel von Lukas “Meini” Meinardus, auch bekannt unter dem Namen syndrone. Lukas hat schon bei einigen coolen Spielen den Ton gemacht, wie z.B. Lonely Mountains: Downhill/Snowriders, It’s A Wrap! und Mother Machine, um nur ein paar davon zu nennen.
Bei Later hat zu Beginn Dennis schonmal einiges an Vorarbeit geleistet und für alle anklickbaren Objekte Layoutsounds eingebaut, damit Lukas sich verstärkt auf Atmosphäre und Details fokussieren kann. Aber lassen wir ihn am besten selbst seine Magie erklären, wir übergeben das Mikro an Lukas.
An dieser Stelle reicht Dominik das Wort (und den Krug) an den Sound-Magier des Spiels, Lukas „Meini“ Meinardus, weiter, der uns seine Magie selbst erklärt:
Durch den minimalen Art Style war es mir wichtig, für eine dichte und realistische Atmosphäre zu sorgen, die sich mit der Stimmung des Spiels mitentwickelt. Die Räume sollten sich klanglich unterscheiden und auch kleine Details, wie das Zwitschern der Vögel, welches vom Hinterhof in das Schlafzimmer dringt, wenn man ein Fenster öffnet, sind Teil dessen. Der Moment, in dem man das Wesen im Sterbebett liegen sieht, ist wohl der emotionalste gewesen und hat auch viel Spaß gemacht zu vertonen. Vor allem die Aufmerksamkeit auf das Wesen zu lenken, mit dem Wecker, den man aus dem Raum nebenan hört, und dann die Musik, die einsetzt, sobald man das Wesen sieht. Generell hat mir bei diesem Spiel die Detailverliebtheit gut gefallen und ich habe versucht, so viel es geht davon auch in das Sound Design zu übertragen.

Euer Weg von den kreativen Jams zur Gründung einer GmbH und der erfolgreichen Förderung durch das Medienboard ist eine super spannende und reale Geschichte für andere aufstrebende Entwickler. Was war für euch als Kreative die größte Umstellung oder der wichtigste Lernprozess bei diesem Schritt in die offizielle Geschäftswelt?
Wir waren bei Gründung von GaHa Games nun nicht ganz unerfahren in Sachen Firmengründung, da Dominik davor schon ein Studio gegründet und ein Spiel inklusive Publisher Deal released hatte. Das Spiel ist gefloppt und das Studio wurde aufgelöst, was uns für GaHa schonmal die Versagensangst genommen hat. 😉 Das wichtigste Learning war, dass wir nicht alles auf eine Karte setzen sollten, schon gar nicht, wenn diese Karte ein Indie Game ist. Daher sind wir auch weiterhin neben dem Spielemachen als Freelancer unterwegs – Dennis als Video Editor und Dominik als Illustrator – und sind nicht abhängig vom Erfolg eines einzelnen Spiels. Langfristig ist das Ziel natürlich, sich nur noch von der Spieleentwicklung finanzieren zu können, aber dieses Ziel braucht Zeit.
Das Thema Prokrastination oder Aufschieberitis :D, auf eine so spielerische Weise zu behandeln, ist sehr clever. Wie schwierig war es, dieses doch sehr interne, psychologische Thema in greifbare Spielmechaniken wie das Wimmelbild- oder Versteckspiel zu übersetzen, ohne dass es seine Tiefe verliert?
Ich glaube, mit dem Thema der Prokrastination kann sich jeder auf die ein oder andere Weise identifizieren und wir wollten, dass sich auch im Spiel Leute in bestimmten Situationen wiederfinden können. Daher ist die Metapher des Versteckspiels an sich relativ eindeutig und das Thema wird visuell nochmal dadurch verstärkt, dass mit jeder gespielten Versteckrunde die Wohnung weiter zugemüllt wird. Gleichzeitig wollten wir aber auch Interpretationsspielraum lassen, damit jeder für sich etwas in die Szenen hineininterpretieren kann, daher gibt es auch einige abstraktere Szenen, wie zum Beispiel das Innere des Magens oder das Ende, ohne hier spoilern zu wollen.

Eine letzte Frage, die in meiner Taverne Tradition hat: Welches fiktive Getränk würde es in der Welt von Later geben, das man als Gast unbedingt probieren müsste, und wie würde es schmecken?
Es sollte auf jeden Fall Koffein enthalten. Also sowas wie ein Later Macchiato oder Coca Schmola. Auch ein Klassiker wäre wahrscheinlich die Messi Mate. Ich sehe unser Wesen schon so eine Flasche in seinem Chaos öffnen und die ganze Nacht Verstecken spielen. Das Getränk schmeckt verführerisch süß, aber hat im Nachgang einen faden Beigeschmack von Zeitverschwendung, sodass man hinterher lieber etwas anderes getrunken hätte, aber trotzdem immer wieder zu diesem Getränk greift.

Was für ein fantastisches Gespräch! Ein riesiges Dankeschön an Dominik, Dennis und Lukas für diese offenen und ehrlichen Einblicke. Besonders die Geschichte von der ‚Messi Mate‘, die ‚verführerisch süß schmeckt, aber den faden Beigeschmack von Zeitverschwendung hat‘, fasst den cleveren Geist von „Later“ perfekt zusammen.
Es zeigt wieder einmal, wie viel Herzblut, Mut und harte Arbeit in der Indie-Szene stecken. Wenn ihr jetzt neugierig geworden seid, schaut euch „Later“ unbedingt an und folgt den Jungs von GaHa Games auf ihren Kanälen!
Prost und bis zur nächsten Geschichte, euer Wirt Kai